Definition:
Unter Adipositaschirurgie (oder auch bariatrische Chirurgie) versteht man chirurgische Maßnahmen zur Bekämpfung des krankhaften Übergewichtes. Sie ist ein Spezialgebiet der Viszeralchirurgie und beschäftigt sich mit der chirurgischen Veränderung des Magen-Darm-Traktes. Ziel ist es, Menschen mit krankhaftem Übergewicht, bei denen herkömmliche Maßnahmen zur Gewichtsreduktion nicht erfolgreich waren, bei der Gewichtsabnahme zu unterstützen. Sie stellt medizinisch das invasivste Mittel dar, um gegen krankhaftes Übergewicht und dessen Folgeerkrankungen vorzugehen. Nach einer adipositaschirurgischen Operation muss der Betroffene sich auf eine spezielle, ausgewogene Ernährung umstellen. Durch die Gewichtsreduktion kann eine deutliche Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes eintreten, da viele Folgeerkrankungen ebenfalls günstig beeinflusst werden.
Verfahren:
Es gibt zahlreiche Operationsverfahren, von denen in Deutschland vier als Standardverfahren anerkannt sind und individuell in Betracht kommen: Magenband, Schlauchmagen, Magenbypass (Roux-Y-Magen-Bypass) und biliopankreatische Diversion mit Duodenalswitch (BPD-DS). Diese Empfehlungen stammen aus der Medizinischen Leitlinie für die Chirurgie der Adipositas (sogenannte S3-Leitlinie), welche von der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie e.V. (DGAV) herausgegeben wird und regelmäßig an den Stand der medizinischen Erkenntnisse angepasst wird.
Magenband, Schlauchmagen und Magenbypass entfalten ihre Wirkung ganz maßgeblich, indem die Nahrungszufuhr begrenzt wird (Restriktion). Eine Einschränkung der Aufnahme der Nahrungsinhaltsstoffe durch den Körper (Malabsorption oder Malresorption) wird in erster Linie bei der biliopankreatischen Diversion mit oder ohne Duodenalswitch (DS) erreicht, zu einem geringen Teil auch beim Magenbypass. Die malabsorptiven Techniken verkürzen (zusätzlich zur Begrenzung der Nahrungsaufnahme) die Verdauungspassage, sodass die Nahrung schlechter verwertet wird. Sie sind technisch aufwändiger und komplikationsbehafteter als die rein restriktiven Methoden. Bei sehr stark übergewichtigen Patienten (BMI >60) wird daher eher ein restriktiver Eingriff wie der Schlauchmagen empfohlen.
Ein Magenballon gehört im engeren Sinne nicht zur Adipositaschirurgie, sondern ist nur als vorbereitendes Verfahren für einen chirurgischen Eingriff in besonderen Fällen akzeptabel.
Die Entscheidung zu einem adipositaschirurgischen Eingriff und die Wahl des Operationsverfahrens hängt von vielen Faktoren sowie von den persönlichen Wünschen des Patienten ab. Die Beratung sollte individuell und gegebenenfalls wiederholt in einem versierten Zentrum erfolgen.
Heute werden alle Primäreingriffe laparoskopisch durchgeführt (sog. Schlüsselloch-OPs, operiert wird unter Kamerasicht über Instrumente, die durch kleine Schnitte in die Bauchhöhle eingebracht werden), was für den Patienten schonender und weniger komplikationsbehaftet ist (geringere Gefahr von Wundheilungsstörungen durch kleinere Narben).
Kostenübernahme:
Adipositaschirurgische Eingriffe sind derzeit nicht im Regelleistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) enthalten, können aber als Einzelfall beantragt und von der Kasse finanziert werden.
Voraussetzungen hierfür ist der Nachweis über das Ausschöpfen der sogenannten konservativen Methoden zur Gewichtsreduktion. Zur aktuellen Kostenübernahme gehört der Nachweis zur Teilnahme an einem Multimodalen Konzept, welches aus den Fachgebieten Psychologie, Innere Medizin, Adipositaschirurgie, Ernährungsberatung und Bewegungstherapie über den Zeitraum von 6 bis 12 Monaten gehört. Dieses Konzept gibt es allerdings häufig nicht „fertig“. Jeder muss sich oft selbst seine Therapeuten dafür suchen und eine Verknüpfung derer herstellen. Zertifizierte Adipositaszentren müssen hier beratend und vermittelnd tätig werden, dazu gehört auch die Unterstützung von Selbsthilfegruppen.
Kritik:
Die Adipositaschirurgie ist nach aktuellen Studien eine erfolgreiche Therapieform des krankhaften Übergewichtes, die allerdings nicht ohne Kritik geblieben ist. Letztlich müssen Patient und Arzt die Risiken und Folgen des bariatrischen Eingriffs oder des Verbleibs in der risikoreichen Adipositaserkrankung abwägen.
Die meisten Maßnahmen der Adipositaschirurgie sind in aller Regel nicht rückgängig zu machen. Operiert werden ohne direkte medizinische Notwendigkeit gesunde Organe: der gesunde Magen-Darmtrakt ist nicht Ursache des Übergewichtes. Operiert wird im gesunden Abdomen, damit entstehen alle Risiken einer Bauchoperation (intraoperativ z.B. Verletzung von Nachbarorganen, postoperativ z.B. Nahtinsuffizienzen oder Lungenentzündung, Langfristkomplikationen wie z.B. Verwachsungen). Nach den meisten Operationsverfahren müssen ein Leben lang Elektrolyte, Vitamine, Eisen und Spurenelemente zusätzlich (supplementierend) zugeführt werden. Zu bedenken ist auch, dass sich die Resorption von Medikamenten verändert.
Quelle: Wikipedia